84 | 100 Tante JU
aus der Serie 100 Fotos - 100 Geschichten
Foto Koch feiert 100 Jahre und wir erzählen EURE besten Geschichten, denn ohne euch wären wir nicht hier. Die heutige Geschichte kommt von Klaus von Kassel, der von seinem Shooting mit dem alten Flugzeug "JU" erzählt und was er dabei Spannendes erlebt hat.
Das Shooting mit der alten JU
Da steht sie, allein in der Halle der WDL Luftschiffgesellschaft auf dem Flugplatz Essen - Mühlheim - die alte JU52. Eigentlich wollten das Model Annette Sensener und ich die Location für ein Shooting mit dem Luftschiff besichtigen. Doch das alte, mit viel Tradition beladene, Flugzeug hatte es uns gleich angetan - wenn auch die Tragflächen noch nicht angesetzt waren. Mit Oliver Schwan von der WDL entwickelten wir dann ein Shooting mit der JU52. Diese sollte nach der Montage der Tragflächen auf dem Flugfeld ausgestellt werden. Die „Tante JU“, wie sie auch liebevoll genagt wird, wurde in der 30er Jahren für militärische und zivile Einsatze gebaut. Sie konnte 15 Passagiere transportieren und war sehr leicht auch auf Frachtflüge umzurüsten.
Die Geschichte über die JU
Für die Lufthansa wurde die JU zum Standardflugzeug und von Berlin aus mit ihr ganz Europa angeflogen. Insgesamt wurden ca. 4800 Maschinen gebaut. Natürlich darf man nicht verschweigen, dass die JU auch während des zweiten Weltkrieges eingesetzt wurde: als Transportflugzeug, für Fallschirmjäger, als Bomber, als Mienensucher… „Unsere JU“ am Flugplatz Mülheim wurde in Frankreich gebaut und flog ab 1944 für die Französische Armee de l’Air. Danach kam sie bis 1975 nach Portugal, wurde zerlegt und mit einer Transall zur Luftwaffe nach Rendsburg geflogen. Dort stand sie als Ausstellungsobjekt in der Kaserne. 2019 kam sie zum Verein für historische Luftfahrzeuge nach Mönchengladbach und sollte die dort stehende, flugfähige JU 52, während diese bei Wartungsarbeiten war, ersetzen. Doch der Absturz einer JU 52 in den Schweizer Alpen führte dazu, dass alle Flüge mit der Ju 52 eingestellt werden mussten. „Unsere“ Ju wurde also nicht mehr in Mönchengladbach gebraucht und die WDL Oldtimerfreunde e. V. übernahmen das Flugzeug. Hier, am Flughafen Essen-Mülheim, soll es weiter ausgestellt und restauriert werden und kann auch für Fotoshootings gebucht werden.
Alles perfekt abgestimmt
Mit Annette überlegten wir uns ein passendes Outfit, um daraus ein Fashion-Shooting aufzubauen. Annette braucht als Model immer wieder neue Bilder für ihre Sedcard. Zudem wirbt sie auch als Influencerin für ausgewählte Marken. Hier setzten wir erstmal an und gingen auf die Suche nach Lederhandschuhen, Uhren, Schmuck, Gepäck… Juwelier Laufer in Minden fand unsere Idee sehr gut, da geplant war, zum Jahresabschluss 2021 einen Artikel in der Hauszeitschrift zu veröffentlichen. So fuhr ich dann mit Requisiten im Wert von ca. 80.000€ zum Shooting nach Mülheim. Wir hatten uns ein Pilotinnen-Outfit ausgedacht, mit dem man die Damenfliegeruhr von Patek Philippe und die Sonnenbrille von Chopard gut in Szene setzen konnte. Zudem hatte Annette schöne Handschuhe von Kessler besorgt. Zu dem Silberschmuck mit Diamanten und der Handtasche von Chopard wählte sie elegante Abendkleider. Deutsches Wetter: wir brauchten drei Anläufe, bis dann an einem Montag das Wetter endlich mitspielte. Wir starteten am Nachmittag bei sehr wechselhafter Bewölkung und das war eine echte Herausforderung. Je nach Bewölkung haben wir die Locations an der JU geändert, um stets das richtige Licht zu haben. Bei solchen wechselhaften Bedingungen ist es schon eine Erleichterung, mit einer spiegellosen Systemkamera zu fotografieren. Um entsprechend schnell zu sein, hatte ich eine Nikon Z7 mit einem 24-70 f2,8 und eine Nikon D 850 mit einem 70-200 f2,8 im Einsatz.
Das Outfit als Pilotin war uns sehr wichtig, um zu zeigen, dass Frauen auch besondere Domänen besetzen können. In den 30er Jahren gab es nur wenige selbstbewusste und emanzipierte Frauen, die als Pilotin arbeiteten. Elly Beinhorn, Hanna Reisch, Beate Uhse und Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg waren erfolgreiche Pilotinnen, deren Karriere aber durch das von den Nationalsozialisten propagierte Frauenbild beendet wurde. Es gab nur eine Möglichkeit: zu Luftwaffe oder nicht fliegen. Heute ist das zum Glück zunehmend anders. Frauen trifft man immer mehr auch im Cockpit eines Passagier- oder Frachtflugzeuges an.
Die gesamte Fotostrecke findet ihr hier.